Artikel: Veganes Leder im Check: Material, Nachhaltigkeit & Vergleich

Veganes Leder im Check: Material, Nachhaltigkeit & Vergleich
Veganes Leder – eine Alternative für ,echtes‘ Leder?
Leder, Kunstleder und veganes Leder
Umwelt- und Ressourcen schonende Aspekte haben steigenden Einfluss auf Kaufentscheidungen. Daher fragen viele Konsumenten beim Kauf einer Tasche, ob sie aus einem Material gefertigt wurde, das dem Prinzip der Nachhaltigkeit entspricht. Hierbei erhält der Aspekt des Tierwohls wachsende Beachtung.
Leder entsteht traditionell durch Gerben von Tierhäuten, die überwiegend von Rindern stammen. (Vgl. Beitrag: So wird Leder gegerbt) Für die Herstellung von Taschen werden auch Häute von Schafen, Schweinen und exotischen Tieren eingesetzt. (Vgl. Beitrag: Lederarten entdecken). Leder entsteht durch Aufbereitung eines Abfallproduktes der Fleischverarbeitung; die Häute der geschlachteten Tiere werden zu einem wertvollen Ausgangsmaterial für die Herstellung von Schuhen, Bekleidung, Taschen und anderen Lederwaren werden.

Vegane Lederprodukte sind nicht immer nachhaltig
Der Wunsch nach einer Umhängetasche oder einem Rucksack aus einem veganen Leder stellt den Aspekt des Tierwohls in den Vordergrund und entspricht dem Streben, Produkte – Handtaschen oder Bekleidung - zu meiden, die von Tieren stammen. Vegane Leder bieten als Option für umweltbewusste Konsumenten eine tierfreie und nachhaltige Alternative zu herkömmlichem Leder.
Nachhaltig sind vegane Leder nur dann, wenn sie weder tierische noch chemische Substanzen enthalten. (Vgl. hierzu den Beitrag ,Nachhaltigkeit von Ledertaschen‘) Bei der Herstellung veganer Lederprodukte kommen jedoch häufig auch Klebstoffe zum Einsatz, die nicht immer vegan oder umweltfreundlich sind.
So ist Kunstleder zwar vegan, aber nicht nachhaltig. Kunstleder wird durch Auftragen einer Folie aus Polyvinylchlorid oder Polyurethan auf ein textiles Trägermaterial hergestellt. Für die Produktion werden keine tierischen Produkte genutzt, aber die Folien werden aus Erdölderivaten hergestellt. Daher ist Kunstleder zwar vegan, aber nicht nachhaltig. Im Vergleich dazu benötigen pflanzliche Alternativen wie Leder aus Korkrinde, Resten der Verarbeitung von Weintrauben, Ananas- oder Kürbisblättern keine oder nur geringe Mengen an synthetischen Zusatzstoffen.
Abb. : Vegane Leder in unterschiedlichen Zurichtungen und Farben: Korkleder, Traubenleder, Ananasleder und Kürbisleder. (Von links nach rechts)
Im Folgenden sollen die Eigenschaften veganer Leder mit denen echten Leders verglichen werden. Ferner werden Aspekte der Verarbeitung und Umweltverträglichkeit veganer Lederwaren erörtert. Die Vielfalt an Leder Alternativen bietet Konsumenten zahlreiche nachhaltige und innovative Materialoptionen.
Vegane ,Leder‘
Ähnlich wie bei Lebensmitteln ist die Verwendung des Begriffs ,Leder‘ für Produkte, die nicht aus einer Tierhaut hergestellt werden, umstritten. Vegane Leder können sowohl Kunstleder wie pflanzlich basierte Materialien sein. Dabei kommen verschiedene Stoffe zum Einsatz, etwa pflanzenbasierte Stoffe wie Ananas-, Pilz- oder Kaktusleder sowie chemische Stoffe wie Polyurethan und Polyvinylchlorid. Einige werden auch aus einer Mischung von pflanzlichen Stoffen und Leder- oder Gummiresten hergestellt.
Kunstleder
Seit Mitte der 60ziger Jahre wird Kunstleder in großem Umfang zur Herstellung von Damentaschen, Mappen und Koffern eingesetzt.
Kunstleder besteht aus einer Folie von Polyvinylchlorid (PVC) oder Polyurethan (PU), die auf einen textilen Träger kaschiert wird. Bei der Herstellung von Kunstleder werden häufig Weichmacher eingesetzt, um das Material geschmeidig zu halten. Um dem Material für die Produktion größerer Taschen eine gewisse Standfestigkeit zu verleihen, kann zwischen Deckfolie und Trägermaterial eine Schaumschicht eingebaut werden.
Lederwaren aus Kunstleder sind vegan, da es ohne Nutzung tierischer Substanzen produziert wird. Taschen aus Kunstleder sind aber nicht nachhaltig, da die Deckfolien und meist auch das Trägermaterial aus Erdölderivaten hergestellt werden.
Pflanzenbasierte vegane Leder
Für die Herstellung veganer Leder werden Abfälle aus der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelproduktion verwendet. Einige der in Frage kommenden Ausgangsstoffe werden im Folgenden kurz beschrieben.
Korkleder
Für Korkleder werden die Rinden von Korkeichen geschält und getrocknet. Durch Kochen werden die Schalen elastisch, im Anschluss werden sie zu Blöcken verpresst. Aus den Blöcken werden dünne Platten geschnitten. Auf ein textiles Gewebe aufgetragen entsteht ein Material, das für die Herstellung von Taschen oder Kleinlederwaren eingesetzt werden kann und sich hervorragend für Bastelarbeiten eignet.
Ananasleder
Zur Herstellung von Ananasleder werden die nach der Ernte verbleibenden Blätter gesammelt. Die dabei gewonnenen Ananasfasern stammen aus den Blättern der Ananaspalme und gelten als nachhaltige Ressource, da sie ein Nebenprodukt der Landwirtschaft sind und eine umweltfreundliche, tierleidfreie Alternative bieten. Anschließend werden die Fasern ausgelöst, gewaschen und getrocknet. Durch Vermischen mit Polymilchsäure entsteht ein Gewebe, dessen Festigkeit durch Beschichtung mit Harz erhöht wird.
Dies ist die Ausgangsbasis für Pinatex, ein Material, das u.a. von Hugo Boss und H& M genutzt wird.(Vgl . Cakar,I.Özlem: ,The potential of vegan leathers in sustainable Accessory design: an experimental approach‘ Artic Special Issue Volume 8,S.866)
Durch eine Beschichtung mit einer Polyurethan – Folie wird die Abriebfestigkeit und Wasserdurchlässigkeit hergestellt.
Die Firma Kattun gibt für das von ihr hergestellte Ananasleder Pinatex folgende Zusammensetzung an:
- 72 % Fiber der Ananasblätter (PALF)
- 18 % Polyactid Acid (hergestellt aus Maisstärke)
- 5 % Bio – Polyurethan
- 5 % Polyurethan
Dicke 2,5 mm Gewicht 475 g/m2
Die zusätzliche Verwendung einer aus einem Erdölderivat hergestellten Folie entspricht nicht dem Wunsch nach Nachhaltigkeit. Pinatex ist daher auch nicht biologisch abbaubar.
Leder auf Basis Äpfeln oder Abfall der Weinproduktion
Für die Herstellung von Apfelleder werden die bei der Saftproduktion verbleibenden Reste von Fruchtfleisch, Kernen und Schalen getrocknet und zu einem Pulver zermahlen. Apfelleder ist ein innovativer Stoff, der als nachhaltige Alternative zu Tierleder gilt. Für die Produktion wird eine beträchtliche Menge an Apfelresten benötigt, was die effiziente Nutzung von Nebenprodukten der Lebensmittelindustrie ermöglicht. Dieses Pulver wird mit einem Bindemittel – z.B. Maisstärke – vermischt und auf ein Trägermaterial aufgetragen.
Ähnlich werden auch die bei der Weinproduktion verbleibenden Schalen, Kerne und Stiele genutzt und verarbeitet. Bei der Herstellung von Weinleder dienen Trauben, insbesondere deren Schalen, Stiele und Kerne, als nachhaltiger Rohstoff. Veganes Leder wie Weinleder kommt im Gegensatz zu herkömmlichem Leder ohne tierische Haut aus. Das entstehende Produkt zeichnet sich durch seine Umweltfreundlichkeit, Langlebigkeit und vielseitige Einsatzmöglichkeiten aus. Dieses Leder wird z.B. für die Ryder Bag von Stella McCartney benutzt (Cakar,a.a.O. S.871).
Andere Früchte, die als Ausgangsstoffe für die Herstellung veganen Leders dienen können, sind unter anderen Mango, Kaktus, Bananen und Kokosnüsse. Die aus diesen Stoffen hergestellten Artikel überzeugen durch ihre Vielseitigkeit und nachhaltigen Eigenschaften. (Ebenda).
Leder auf Basis von Pilzkulturen
Veganes Leder lässt sich herstellen, indem das Wurzelgeflecht von Pilzen auf Sägespänen, Stroh oder andere Agrarabfälle aufgetragen und gezüchtet werden. So entsteht ein Vlies, das nach Erreichen der gewünschten Stärke getrocknet und so behandelt wird, dass die Pilzstruktur nicht weiter wächst. Durch Behandlung mit biobasierten Polymeren oder Ölen wird die Struktur stabilisiert und die Oberfläche ähnlich wie bei Leder eingefärbt und geprägt. Diese Arbeitsgänge werden wie bei echtem Leder in Gerbereien durchgeführt.
Pilzleder ist robust, atmungsaktiv und biologisch abbaubar.
Leder auf Basis recycelter Reste von Gummi oder echtem Leder
Auch Abfälle der Lederwaren- oder Handschuhproduktion oder Gummireifen können geschreddert und zu einem Leder ähnlichen Material verarbeitet werden. Produkte, die aus solchen recycelten Materialien hergestellt werden, können als Lederimitate bezeichnet werden, da sie die positiven Eigenschaften von Leder nachahmen, jedoch ohne tierische Produkte auskommen. Bei Verwendung von Lederresten kann man das entstehende Material nicht als vegan bezeichnen.
Werden Gummireste benutzt, entsteht ein veganes Material, das aber nicht nachhaltig ist, da Gummi aus Erdölderivaten hergestellt wird.
Für einen Überblick über die derzeit verfügbaren veganen Leder vgl. auch Henkel,Regina: Das ,Leder‘ der Zukunft, Lederwarenreport 08/2025, S, 50 ff.
Plastik (Synthetische Stoffe) in veganem Leder
Veganes Leder, auch als Lederalternative oder Kunstleder bekannt, wird häufig mit Kunststoffen wie Polyvinylchlorid (PVC) oder Polyurethan (PU) in Verbindung gebracht. Diese Kunststoffe dienen als Basis oder Beschichtung, um die gewünschte lederähnliche Oberfläche, Festigkeit und Haltbarkeit zu erzielen. Gerade bei beliebten Produkten wie Piñatex, dem sogenannten Ananasleder, werden die Fasern der Ananasblätter mit Polyurethan kombiniert, um ein robustes und vielseitig einsetzbares Material zu schaffen. Auch Korkleder, das aus der Rinde von Korkeichen gewonnen wird, erhält durch eine PU-Beschichtung eine wasserabweisende und strapazierfähige Oberfläche.
Der Einsatz von Kunststoffen in veganen Lederalternativen bringt jedoch Herausforderungen mit sich. Materialien wie PVC und PU sind nicht biologisch abbaubar und können bei der Herstellung umweltschädliche Chemikalien freisetzen. Das wirkt sich negativ auf die Nachhaltigkeit und den ökologischen Fußabdruck der Produkte aus. Wer Wert auf eine möglichst umweltfreundliche Alternative legt, sollte daher genau auf die Zusammensetzung und den Anteil an Kunststoffen achten.
Es gibt inzwischen auch innovative vegane Lederoptionen, die ganz ohne synthetische Stoffe auskommen. Ein Beispiel ist Kaktusleder, das aus den Blättern des Kaktus gewonnen wird. Hierbei wird auf den Einsatz von Kunststoffen verzichtet, sodass das Material besonders nachhaltig und umweltfreundlich ist. Kaktusleder überzeugt durch eine angenehme Haptik, eine natürliche Optik und eine gute Haltbarkeit – und das ganz ohne Polyurethan oder andere Kunststoffe.
Die Auswahl an veganen Lederalternativen wächst stetig, und die Unterschiede in Material, Qualität und Preis sind groß. Die Lieferzeit für vegane Lederprodukte variiert je nach Anbieter, liegt aber meist zwischen drei und fünf Werktagen.
Wer sich für vegane Lederprodukte entscheidet, sollte nicht nur auf die Optik und den Preis achten, sondern auch auf die verwendeten Rohstoffe, den Herstellungsprozess und die Nachhaltigkeit. So lässt sich der eigene ökologische Fußabdruck reduzieren, ohne auf stilvolle und langlebige Produkte verzichten zu müssen. Die bewusste Wahl von plastikfreien und nachhaltigen Lederalternativen trägt dazu bei, die Umwelt zu schonen und neue, innovative Materialien zu fördern.
Technische Eigenschaften veganer Leder
Reiß- und Abriebfestigkeit, Atmungsfähigkeit und Haptik sind wesentliche Kriterien bei einem Vergleich echten Leders mit veganen Alternativen.
Leder hat eine Faserstruktur, die für die Herstellung von Taschen sowohl eine ausreichende Reiß- wie auch Abriebfestigkeit gewährleistet. Die Atmungsfähigkeit garantiert eine angenehme Haptik, sofern die Oberfläche nicht mit Farben gedeckt wird.
Die Festigkeit von Kunstleder ist abhängig von der Deckfolie und dem Trägermaterial. Durch Prägen und Färben lässt sich die Optik echten Leders nachstellen. Für die Einfärbung von Kunstleder werden meist Synthetische Stoffe verwendet, was für Umwelt und Gesundheit problematisch sein kann. Kunstleder wird gerne zur Herstellung preiswerter Businesstaschen benutzt. Da aber die Deckschicht nicht luftdurchlässig ist, fehlt die Atmungsfähigkeit und die mit ihr verbundene angenehme Haptik.
Die Festigkeit rein pflanzenbasierter Leder ist in der Regel geringer als die echten Leders. (Vgl. Cakar,Ö.A., a.a.O.S.865). Je nach Art des Ausgangsmaterials kann die vorhandene Atmungsaktivität eine angenehme Haptik gewährleisten. Vegane Leder eignen sich auch für Schuhe und können bei entsprechender Materialwahl und Verarbeitung eine gute Haltbarkeit aufweisen.
Die Lebensdauer veganer Lederprodukte hängt stark von der Materialwahl und der richtigen Pflege ab.
Verarbeitungsmöglichkeiten
Aufgrund seiner Faserstruktur lässt sich Leder durch Veränderung der Materialstärke – Spalten und Schärfen – an unterschiedliche Anforderungen anpassen. So kann die Stärke des Leders für den Griffbezug eines Aktenkoffers durch Spalten des Zuschnitts reduziert werden. Kanten der Zuschnitte einer Börse werden zum Einschlagen durch Schärfen verdünnt. (Vgl. hierzu den Beitrag ,Wie Ledertaschen hergestellt werden‘).
Dies ist bei Kunstleder nicht möglich, da die Deckfolie oder die Trägerfolie nicht verletzt werden können, ohne ihre Festigkeit zu verlieren. Statt durch Nähen können aber Zuschnitte eine Umhängetasche auch durch Verschweißen verbunden werden.
Pflanzenbasierte vegane Leder werden in der Regel durch Nähen wie textile Gewebe verarbeitet. (vgl. Cakar,a.a.O., S,874 ff)
Die Kosten der Verarbeitung hängen u.a. wesentlich davon ab, ab das Material als Meterware in Rollen oder in Form von Platten zur Verfügung steht.
Vegane Leder eignen sich nicht nur für klassische Anwendungen, sondern auch hervorragend zum Basteln und für kreative Projekte. Sie lassen sich mit verschiedenen Basteltechniken und Klebstoffen verarbeiten und bieten vielfältige Möglichkeiten für DIY-Projekte, Dekoration oder individuelle Kunstwerke. Einige vegane Lederarten sind besonders für Anfänger geeignet, da sie leicht zu schneiden, zu kleben und zu gestalten sind.
Fazit: Weltweite Forschung erfordert laufende Aktualisierung
International besteht großes Interesse an einem Material für die Herstellung von Lederwaren, das nicht aus tierischen Substanzen besteht. Im Vordergrund steht die Beachtung des Tierwohls, da viele Menschen das Schlachten von Tieren ablehnen.
Wirtschaftliche Gründe für die Entwicklung veganer Leder sind der relativ hohe Preis echten Leders wie auch die Nutzung von Abfallprodukten, die bei der Ernte von Früchten anfallen. Dieser Aspekt führt auch zu regionalen Schwerpunkten. So wird z.B. Leder aus dem Abfall der Weinernte in Italien entwickelt, während die Verwendung exotischer Früchte in tropischen Ländern erforscht wird. Marken und Unternehmen spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Vermarktung innovativer veganer Lederalternativen und setzen dabei auf unterschiedliche nachhaltige Materialien.
Bei echtem Leder lässt sich aufgrund der Tierart und Verarbeitung die Verwendung zur Produktion eines Taschentyps mehr oder weniger eindeutig definieren, je nachdem, ob man eine modische Schultertasche, eine Businesstasche oder einen Rucksack herstellen möchte. Bei der Vielzahl der derzeitigen Ausgangsprodukte und Verarbeitungen ist dies bei veganem Leder schwierig, da aufgrund der laufenden Entwicklung ständig neue Alternativen angeboten werden. Besonders Kork, der aus der Rinde der Korkeiche gewonnen wird, gilt als nachhaltiges Material für vegane Lederprodukte und wird von verschiedenen Marken genutzt. Die Namen der unterschiedlichen veganen Lederalternativen sind dabei wichtig, um die Herkunft und die Besonderheiten der jeweiligen Produkte hervorzuheben.
Einigkeit besteht bei dem Ziel aller Entwicklungen: das vegane ,Leder‘ soll die Eigenschaften und die Optik echten Leders aufweisen. Alles rund um veganes Leder befindet sich im Wandel, wobei zahlreiche Aspekte wie Nachhaltigkeit, Materialvielfalt und Herstellungsprozesse berücksichtigt werden müssen.









